Übungen
1. Schreibspiele
Es gibt sicherlich tausende von Schreibspielen und zahlreiche Bücher, in denen Sie sie finden. Eines, dass vermutlich fast jeder kennt, ist "Onkel Otto in der Badewanne", für das man mehrere Mitspieler/-innen braucht. Die erste Person schreibt einen Satz und knickt das Papier so um, dass nur das letzte Wort zu lesen ist. Die zweite nimmt dieses Wort zum Anlass für einen zweiten Satz, knickt wieder um usw.
Schreiben Sie bei den Übungen auf dieser Seite am besten einfach los, ohne große Überlegungen. Vielleicht ist das anfangs ungewohnt und fällt Ihnen schwer. Probieren Sie's.
Oder kommen Sie in einen Kurs und lassen sich inspirieren und verführen zum spielerischen und lustvollen Schreiben.
Wer grübelt, schreibt nicht - und wer schreibt, kann nicht grübeln.
Akrostichon
Das sind Texte, in denen die Anfangsbuchstaben der Zeilen von oben nach unten gelesen, einen Sinn ergeben. Im folgenden Beispiel ist das Stichwort...
- Glück
- Grusinische Gaukler
- Lederwarenhändler und Gewürzkrämer
- Überschwemmen die freundlichen Vorstädte
- Christus hätte sie eingeladen
- Katholische Kirchen bleiben verschlossen
11chen
Kleine Gedichte, die aus elf Wörtern bestehen und nach folgendem Schema gebaut sind:
Zeile 1: | 1 Wort | Eine Farbe |
Zeile 2: | 2 Wörter | Was/wer hat die Farbe? |
Zeile 3: | 3 Wörter | Wo ist das? |
Zeile 4: | 4 Wörter | Frei erzählen |
Zeile 5: | 1 Wort | Abschluss |
Summe: | 11 Wörter |
Beispiel
Rot
Die Nase
In seinem Gesicht
Gewiss trinkt er täglich
Wein
Variante:
Machen Sie das letzte Wort zum Beginn eines neuen 11chens, dadurch ergibt sich eine 11chen-Kette, die Sie so lange fortsetzen können wie Sie wollen.
2. Übungen zum leichten Einstieg
Inventar
Diese Übung wurde von der Literatengruppe Oulipo entwickelt. Ich selbst habe sie vor Jahren in einem Workshop bei Gundel Mattenklott kennen gelernt.
Wählen Sie einen Ausschnitt Ihrer gegenwärtigen Realität, den Sie sehen können, z. B. den Blick aus einem Fenster oder Ihren Schreibtisch. Verändern Sie die Perspektive nicht, so lange Sie an dem Text schreiben. Zählen Sie nun alles auf, was Sie sehen, in Form einer Inventarliste. Sie benutzen also keine vollständigen Sätze, sondern nur Wörter oder Satzteile. Das ist sicherlich ungewohnt, schult aber sehr Ihre Wahrnehmung für das Detail.
Automatisches Schreiben
Stammt von dem Autor André Breton, der es in seinen surrealistischen Manifesten vorstellt.
Beginnen Sie einfach mit dem Satz, der gerade in Ihrem Bewusstsein existiert. Schreiben Sie schnell und ohne Pause. Vergessen Sie Grammatik und Interpunktion. Legen Sie vorher irgendeinen Buchstaben des Alphabets fest. Wenn Ihnen am Text etwas missfällt oder Sie ins Stocken kommen, schreiben Sie einfach diesen Buchstaben, zum Beispiel ein G und machen ihn zum Anfangsbuchstaben des folgenden Wortes. Schreiben Sie eine vorher festgelegte Zeit
Beginnen im Hier und Jetzt - Körperwahrnehmung
Konzentrieren Sie sich auf Ihren Körper und die Wahrnehmungen, die Sie dabei machen und fangen von da aus an zu schreiben. Halten Sie an nichts fest, sondern folgen den Einfällen, die Ihnen im Moment am reizvollsten erscheinen. Lassen Sie sich treiben in den Text...
Zum Beispiel:
Meine Schultern sind schräg und krümmen sich nach vorn, mein Atem ist flach und ich fürchte, dass gleich etwas Schreckliches geschieht. Mein Rücken versteift sich und wird ganz rund, um der Bedrohung zu widerstehen. Ich runzle die Stirn und werde langsam zur Kugel, die leise und unauffällig davonrollt, zur Haustür hinaus, die Straße hinunter, präzise und schwer, nicht hüpfend wie ein Ball. Wenn ich mich aus der Kugelform strecke, kann ich fliegen und der blaue Himmel steht mir täglich offen, so wie jetzt, wo ich den Geschmack von Pfefferminze im Mund habe und das Lächeln auf den Lippen, das mich frei macht.